Juliane Frühwirt – „Der Schuss mitten ins Schwarze“!

Juliane Frühwirt bei der Race Night 2.0 in Bodenmais
Juliane Frühwirt bei der Race Night 2.0 in Bodenmais

Die Jugend-Olympiasiegerin Juliane Frühwirt ist seit August Mitglied des Zoll-Ski-Teams, nach Mittenwald umgezogen und trainiert nun in Kaltenbrunn bei Bernhard Kröll.

 

Die 19jährige stammt aus Tambach-Dietharz. Die vergangenen fünf Jahre war sie am Sportgymnasium in Oberhof und hat dort als D/C-Kader-Athletin in der Gruppe von Jesko Fischer trainiert. Durch ihre Goldmedaille im Sprint mit zwei fehlerlosen Schießeinlagen am 14.2.2016 hat sie aufhorchen lassen. Inzwischen hat sie die Schule mit dem Abiturzeugnis verlassen und nach der etwas verkorksten Saison 2016/2017 hat sie ihr Leben neu strukturiert. Wir haben Juliane Frühwirt getroffen und nachgefragt.

Gold für Juliane Frühwirt - Youth Olympic Games in Lillehammer
Gold für Juliane Frühwirt - Youth Olympic Games in Lillehammer

Olympia-Gold im Sprint

 

Geträumt hat sie schon von einer Medaille bei den Youth Olympic Games in Lillehammer, aber erwartet, und dann auch noch Gold, nein, das hat sie nicht. Jugend-Olympia findet wie bei den Großen nur alle vier Jahre statt. Juliane Frühwirt hatte Glück mit dem Jahrgang, hat sich für die Teilnahme qualifiziert und wusste, dass sie laufen kann und dass, wenn alle Scheiben fallen, sie ganz vorne dabei sein kann.

 

Nach dem Sieg ist dann ziemlich viel auf sie eingeprasselt, „viele schöne, wirklich schöne Sachen, tolle Erfahrungen“, wie sie selbst sagt. „Sachen, die mich als Mensch geprägt haben und wo ich schon jetzt sagen kann, dass sie mich voran gebracht haben – auch wenn es sich dann letztes Jahr als absoluter Tiefpunkt geäußert hat. Ich habe viele Fehler gemacht, Sachen die ich hätte verbessern können, das weiß ich jetzt.“

 

Jeder der deutschen YOG-Goldmedaillengewinner durfte als Belohnung im Sommer zu den Olympischen Spielen nach Rio in Brasilien reisen. Im Herbst reiste Juliane Frühwirt dann mit der Oberhofer Delegation nach Chisinau (Moldawien), um als Botschafterin mit einer aufwendigen Präsentation im Märchenstil die Biathlon-WM 2020 nach Oberhof zu holen – leider ohne den erhofften Erfolg.

 

Jesko Fischer und Juliane Frühwirt
Jesko Fischer und Juliane Frühwirt

Neue Reize setzen!

 

Nach den fünf Jahren in Oberhof wollte oder musste Juliane Frühwirt für sich was Neues, was anderes ausprobieren. „Ich war vom Kopf her einfach nicht frei und Schießen ist eine kognitive Sportart; wenn der Kopf nicht frei ist, dann passt es einfach nicht und so reifte in mir der Entschluss, neue Reize zu setzen, etwas anderes auszuprobieren.“

 

Sie hat sich beim Zoll beworben, wurde angenommen und ist nach Mittenwald in eine kleine, vom Zoll gestellte Wohnung umgezogen. „Das war ein Schuss mitten ins Schwarze“, sagt Juliane Frühwirt. Es passt perfekt für sie. „Ich bin wahnsinnig zufrieden, wie mein Leben gerade verläuft“. In Kaltenbrunn knüpft Juliane Frühwirt wieder an ihr ehemaliges Leistungsniveau an. „Ich habe letztes Jahr bei den D/C-Lehrgängen schon gesehen, dass ich Schießen kann, deshalb war für mich der Winter umso niederschmetternder – ich dachte mir, was mache ich da bloß: ich bin im Laufen schlecht, ich bin im Schießen schlecht – ich krieg nichts auf die Reihe.“ Und so kam eins zum anderen: Kopf nicht frei – die eigenen Erwartungen nicht erfüllt – Leistungsniveau nicht abrufen können – für Junioren-Europameisterschaft und Junioren-Weltmeisterschaft nicht qualifiziert.

 

Die C-Kader-Athletin will jetzt kontinuierlich weiterarbeiten und bei den Deutschen Meisterschaften zeigen, dass sie wieder eine Komplexleistung zu bieten hat, die anders aussieht, als im letzten Winter. Dass zu der Trainingsgruppe von Bernhard Kröll und Albert Neuner auch ältere und ihr überlegene Biathletinnen und Biathleten gehören, zu denen sie aufschauen und an denen sie sich orientieren kann, ist ideal für ihre Entwicklung. In der gemischten Trainingsgruppe ist auch Laura Dahlmeier. Und von ihr kann jede Nachwuchsbiathletin oder jeder Nachwuchsbiathlet in seiner Entwicklung nur profitieren. Dies hat uns im letzten Jahr bereits David Zobel in einem Interview erzählt und Juliane Frühwirt bestätigt es.

 

Juliane Frühwirt
Juliane Frühwirt

Juliane Frühwirt hat sich nicht gegen ihre Heimat entschieden!

 

Dennoch ist Juliane Frühwirt an einen Ort gewechselt, der mit seiner Infrastruktur nicht annähernd mit den Einrichtungen in Oberhof konkurrieren kann und offensichtlich haben ihr das viele vorher gesagt. Und hier betonte Juliane Frühwirt ausdrücklich, dass sie sich nicht gegen ihre Heimat entschieden hat, aber die Strukturen im Werdenfelser Land und auch die dortige Mentalität im Moment besser für sie passen.

 

Ihre sportliche Anfänge haben sich bei einem Verein entwickelt, bei dem es nicht viel gab, und auf dessen Entwicklung sie wahnsinnig stolz ist: „Wir haben dort (SV Motor Tambach-Dietharz) mit wenig angefangen und haben aus wenig viel gemacht“, so Juliane Frühwirt, die der Meinung ist, dass die Einfachheit und das Zurückkommen sowie die Konzentration auf das Wesentliche zum Erfolg maßgeblich beitragen kann.

 

Juliane Frühwirt hat sich für diesen Weg entschieden und obwohl sie 500 km von zu Hause weg ist und nicht, wie die meisten ihrer Trainingskolleginnen und –kollegen, jedes Wochenende nach Hause fahren kann, ist sie mit der Situation und ihrer Entwicklung zufrieden. „Das passt schon, ich bin rundum glücklich und fühle mich wohl in Mittenwald, das Heimweh ist dann nicht mehr schlimm.“

 

Unsere obligatorische Frage zum Abschluss des Gesprächs, ob es etwas gibt, was sie gerne kommunizieren möchte, haben wir auch Juliane Frühwirt gestellt. Ihre Antwort: „Ja, dass ich mich beim Albert und beim Börnie ganz doll bedanken möchte, dass sie mich so gut aufgenommen haben – das ist echt nicht alltäglich und war auch nicht selbstverständlich.“

 

Als Sportler muss man manchmal auch Entscheidungen treffen, die unpopulär sein mögen und nicht von jedem verstanden werden. Aber wichtig ist doch einzig und allein, dass sich der Erfolg einstellt und wenn Juliane Frühwirt künftig für sich und für Deutschland Erfolge feiern kann, dann wird es einerlei sein, wo diese Erfolge geprägt wurden. In diesem Sinne wünschen wir ihr den erhofften Erfolg in der kommenden Saison und sagen darüber hinaus ein herzliches Dankeschön für das offene Gespräch.

 

Ilka Schweikl für www. biathlon-nachwuchs.de