Die 20jährige Theresa Straßberger ist Biathletin im C-Kader des Deutschen Skiverbandes und seit September 2015 in der Sportfördergruppe der Bundeswehr in Bischofswiesen. Sie kommt aus Au in der Hallertau, das als Hopfenanbaugebiet bekannt ist, aber generell nicht als Talentschmiede für einen Wintersportler, ganz abgesehen von den fehlenden Trainingsmöglichkeiten.


Aber von Anfang an: Sportlich war Theresa Straßberger schon immer und hat sich in vielen Sportarten probiert: Tennis, Leichtathletik oder Ski alpin. Von Biathlon war sie fasziniert und für sie war klar: irgendwann möchte ich Biathlon machen! Auch sie bekam, wie viele andere Biathleten zuvor, von ihren Eltern einen Gutschein für das Trainingscamp bei Fritz Fischer in Ruhpolding. „Da stand ich dann das erste Mal auf Ski und das war mehr ein rumstolpern“, erzählt Theresa amüsiert.
Durch ihre Eltern ist sie nicht unbedingt „wintersportlich“ vorbelastet, ihr Vater war einmal Ringer, erfahren wir, und mit Unterstützung ihrer Mama, die zu allen in Frage kommenden Elite- und Sportschulen Kontakt aufnahm, wurde sie schließlich nach Oberwiesenthal zu einem Test eingeladen, bestand und wechselte nach der 6. Klasse nach Sachsen. Sie hat keine Geschwister und für ihre Eltern war es nicht leicht, als sie im Alter von 12 Jahren von zu Hause wegging. Auch sie selbst hat sich das erste halbe Jahr schwer getan, aber mit ihrem bemerkenswerten Ehrgeiz hat es funktioniert – sie wollte unbedingt Biathletin werden - und bald haben sich Erfolge eingestellt.

Schulwechsel oder war´s das mit Biathlon?
„In Oberwiesenthal hatte ich eine Super-Trainerin, die Sandy Jüchert, die hat sich im ersten Jahr dort ganz viel Zeit für mich genommen und mir alles beigebracht. Ich konnte ja weder Langlaufen noch Schießen“, erinnert sich Theresa Straßberger. „Bei ihr war ich die ersten drei Jahre, habe mit Luftgewehr angefangen und dort auch noch ein Jahr mit Kleinkaliber geschossen. Mir hat es in Oberwiesenthal sehr gut gefallen und ich wäre sehr gern dort geblieben. Allerdings wurde vom Sächsischen Skiverband eine Umstrukturierung beschlossen und ich hätte nach der 10. Klasse nach Altenberg wechseln müssen. Der Aufwand wäre noch größer geworden, schon allein die einfache Fahrzeit hätte sich von drei auf fünf Stunden erhöht und ich wäre dadurch noch viel seltener nach Hause gekommen. Viele meiner damaligen Trainingspartner haben nach dieser Umstrukturierung mit Biathlon ganz aufgehört oder sind zum Langlauf gewechselt; das wollte ich aber nicht. Es gab dann für mich nur eine Möglichkeit, dass ich an eine Schule mit einem ähnlichen Schulsystem wechsle und so hab ich mich in Oberhof beworben,“ erzählt uns Theresa Straßberger in lockerer Atmosphäre an einem lauschigen Plätzchen im Garten ihrer Eltern in Au in der Hallertau.
Sie wechselte zum WSV Oberhof und startete fortan für den Thüringer Skiverband. Am Sportgymnasium in Oberhof hat sie 2015 Abitur gemacht; dort waren jedenfalls ihre bisherigen Fremdsprachen, sie hat in Oberwiesenthal auch russisch gelernt, kompatibel.
„Vor dem Abitur lief es bei mir sportlich nicht so ganz rund und da habe ich schon überlegt, wenn ich keinen C-Kader-Status bekomme, dann wird es Schluss sein mit Biathlon“, blickt Theresa Straßberger zurück. Gut, dass es anders kam. Sie hat sich bei der Bundeswehr beworben und das klappte. Im vergangenen Jahr war sie freiwillig Wehrdienstleistende und seit Anfang August dieses Jahres ist sie Soldatin auf Zeit bei der Sportfördergruppe in Bischofswiesen.

Es schließt sich der Kreis - Erneuter Wechsel des Verbandes
Die Einstellung bei der Bundeswehr, ihr aktueller Dienstgrad ist Obergefreite, hatte einen Umzug nach Ruhpolding zur Folge. Dort wohnt sie in einer WG mit der Langläuferin Lisa Scheufele. Nach Rücksprache mit den Verantwortlichen beim Deutschen Skiverband stand Ende der abgelaufenen Saison fest, dass sie zum Bayerischen Skiverband wechselt; ihr Heimatverein ist nun der SC Au in der Hallertau, der Skiclub ihres Heimatortes. Dieser Wechsel war für sie perfekt und emotional doch nicht leicht. „Es hat mir sehr gut gefallen in Oberhof und ich habe total viel Unterstützung bekommen, da wurde alles für mich gemacht, was möglich war, auch von den Kosten wurde mir immer was abgenommen. Aber ich konnte schon allein wegen der großen Entfernung dem Verein nicht viel zurückgeben und da habe ich mich schon schlecht gefühlt,“ so Theresa Straßberger, und weiter, „ich bin Oberhof dankbar für die volle Unterstützung, ich habe Oberhof und dem Thüringer Skiverband viel zu verdanken, insbesondere Hartmut Gollhardt, der dort im letzten Jahr mein Trainer war. Ohne ihn hätte ich nach dem Abi nicht die Leistungen erbracht, um in den C- Kader zu kommen, er hat mich einen Schritt vorwärts gebracht.

„Zu Hause kann ich auftanken“
In Ruhpolding in der gemischten Junioren-Trainingsgruppe bei Kristian Mehringer passt es für Theresa Straßberger. Montag bis Samstag wird trainiert, jeweils eine Einheit vormittags und nachmittags, wobei der Mittwoch- und der Samstagnachmittag zur freien Verfügung stehen. Mit ihren Trainingspartnern unternimmt sie auch in der Freizeit viel: Kino, Essen gehen, mal zum Shoppen nach Salzburg oder Chillen im Kaffeehaus „Schuhbeck - und Bouldern geht sie gerne. Obwohl das eigentlich nicht ihre bevorzugte Musikrichtung ist, sie steht eher auf House, steht demnächst eins der großen Open-Air-Konzerte von Andreas Gabalier auf dem Programm.
Sonntag ist Ruhetag und den genießt sie meist daheim bei ihren Eltern und ihrem Mischlingshund Vince, den sie aus dem Tierheim geholt hat. Tierlieb scheinen in der Familie Straßberger alle zu sein, denn früher gehörten neben den Hühnern noch eine Ziege und ein Pony dazu. Zu Hause in Au, das ca. 120 km von Ruhpolding entfernt liegt, da fühlt sie sich wohl, „hier kann ich auftanken und auch mal vom Sport abschalten - einfach so sein wie ich bin; Heimat ist für mich kein spezieller Ort sondern ein Gefühl“, so Theresa Straßberger. Und eben dieses zu Hause hat sie nach den letzten knapp acht Jahren sehr schätzen gelernt.

Saisonziel
Ihr angestrebtes Ziel für die kommende Saison ist, wie für alle anderen in ihrer Trainingsgruppe auch, die Qualifikation zu den Junioren-Weltmeisterschaften in Ostrov (RUS), „da könnte ich dann mein Russisch auspacken“, fügt sie lachend an. Bereits im letzten Jahr ging sie international beim ersten IBU Junior Cup an den Start und lief bei den beiden Sprints in Obertilliach aufs Podest, einen Sprint konnte sie sogar für sich entscheiden. Beim zweiten IBU Junior Cup in Martell streikte dann ihr Körper. „Ja in Martell da habe ich beim zweiten Sprint Herzflimmern gehabt, da ist mir schlecht geworden, da bin ich ausgestiegen, das hatte aber keine langfristigen Folgen, es war eine kurzzeitige Überlastung und das habe ich seitdem auch nicht mehr gehabt. Die Belastung aus Obertilliach und die Höhe in Martell, das ist mir einfach zu viel geworden und mein Körper hat mir signalisiert, dass er eine Pause braucht, was auch eine Auswertung meiner Daten mit einem Kardiologen ergeben hat“ erklärt Theresa Straßberger, deren Lieblingsdisziplin der Massenstart ist.

Manchmal muss man einfach locker lassen!
In der Gesamtwertung des Deutschlandpokals kam sie schließlich hinter Anna Weidel auf den zweiten Rang während es bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Cheile Gradistei (ROU) nicht optimal gelaufen ist. „Ja bei der JWM ist es nicht gut gelaufen, es war für mich das erste Großereignis und da habe ich mich auch gleich so richtig reingesteigert, ich dachte mir: jetzt gebe ich so richtig Gas und hab vorher wohl auch zu viel trainiert. Es ging mir echt schlecht, da war ich total fertig, mental aber vor allem körperlich, ich habe gemerkt es geht nichts mehr. Es war meine erste so lange Saison. Manchmal muss man einfach locker lassen, aber das ist halt schwierig, man möchte immer mehr und mehr und ich musste erst lernen, dass eine Regeneration dazu gehört. Da hat mir die Erfahrung gefehlt. Aber wenn es einmal läuft da denkt man: kannst noch einen drauf setzen und irgendwann geht’s dann nicht mehr und es wird zu viel. Ich habe dann eine Woche Pause gemacht und beim Deutschlandpokal in Ruhpolding klappte es wieder.“

Deutsche Meisterschaften – erste Standortbestimmung
Jetzt freut sich Theresa Straßberger schon auf den Start bei den Deutschen Meisterschaften in Altenberg und in Oberhof. „Wenn man sieht, wo man steht, dann ist das neue Motivation fürs Training“. In Oberhof werden auch ihre Eltern samt Vince am Streckenrand stehen und sie anfeuern. Dass Theresa ihren sportlichen Weg so konsequent verfolgt hat, darauf sind sie sehr stolz. „Aber sie haben nie Druck auf mich ausgeübt. Man hat ja auch so Phasen, das es nicht so läuft, man ganz fertig ist und sagt, ich mag nicht mehr. Meine Eltern haben zu mir immer gesagt: du kannst jederzeit aufhören, sie haben mich nie unter Druck gesetzt, und das finde ich auch sehr wichtig. Ich hatte einige Weggefährtinnen, die von zu Hause Druck bekommen haben, aber meine Eltern haben das lockerer gesehen, vielleicht weil sie selbst keine Leistungssportler waren“.
„Ich hätte mir auch nicht gedacht, dass ich nach der Schule Profisportlerin werde“, sagt Theresa Straßberger ganz locker, und hätte für alle Fälle einen Plan B in der Schublade: Ein Medizinstudium! Mit ihrem Einser-Abitur wohl kein Problem!


Theresa Straßberger ist eine hochmotivierte, sympathische Biathletin, die schon sehr viel auf sich genommen und investiert hat, um ihren Biathlon-Sport ausüben zu können.
Wir wünschen ihr, dass sie gesund und verletzungsfrei zum richtigen Zeitpunkt ihre Höchstleistung abrufen kann und bedanken uns, dass wir sie zu diesem offenen und angenehmen Gespräch bei ihr zu Hause besuchen durften.